Es lebe Jesus!

 

 22. Rundbrief des Generaloberen                  Mai - Juni

 Lewis S. Fiorelli, OSFS                                         2004

 


                                                         "Standespflichten"

Wenn Mitglieder der Vereinigung des hl. Franz von Sales, einer Laiengruppe, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite, eine Zusammenkunft nicht besuchen können oder eine Aufgabe oder etwas anderes nicht zeitgerecht erledigen können, dann heißt ihre Erklärung immer "Standespflichten". Sie beziehen sich dabei auf die salesianische Lehre, dass die Standespflichten, die jemand z.B. als Ehegatte, Familienvater oder Lehrer hat, für uns der erste Platz des Willens Gottes sind und dass diese Pflichten deshalb die höchste Priorität in der Reihenfolge der Dinge, die zu tun oder zu erreichen sind, erhalten müssen. Wegen der letzten Monate, die ungewöhnlich viel Reisetätigkeit in Bezug auf meine eigenen "Standespflichten" verlangten, erscheint diese Ausgabe des Rundbriefes später als üblich. Ich weiß aber, dass ihr das verstehen werdet.

 

Mutter Generaloberin

Es war am Ostermontag. Ich hatte gerade mit dem Schreiben dieses Rundbriefes begonnen, als ich die traurige Nachricht erhielt, dass Mutter Françoise-Isabelle Stiegler, die Generaloberin der Oblatinnen, vor ein paar Stunden in Troyes verstorben war. P. Mark Mealey und ich begannen unverzüglich Vorbereitungen zu treffen, damit wir rechtzeitig nach Troyes zum Begräbnis gelangen konnten, das nur vier Tage später stattfinden sollte. Es war für uns eine Ehre, bei diesem traurigen, aber zugleich hoffnungsvollen Anlass gemeinsam mit Generalrat P. Konrad Esser die Kongregation vertreten zu dürfen.

Die Morgendämmerung des Freitags nach Ostern war hell, sonnig und schön. Zeichen neuen Lebens waren überall sichtbar, besonders auf den blühenden Bäumen und Frühlingsblumen in den vielen Parks von Troyes. Die Natur schien die Freude der Osterzeit wiederzugeben und gab dem beginnenden Tag einen erhebenden Hintergrund.

Am Morgen statteten wir dem Mutterhaus der Oblatinnen einen kurzen Besuch ab. Wir verbrachten in der dortigen Kapelle, wo der schlichte und versiegelte Sarg mit dem Leichnam der Generaloberin lag, ein paar Augenblicke in stillem Gebet. Danach gingen wir vom Mutterhaus zum Kloster der Heimsuchung, das nur ein paar Schritte entfernt ist. Unser Ziel war das Grab der Guten Mutter. Im Laufe unseres Besuches im Kloster sagte uns die Oberin, dass die Schwestern jeden Tag um 13:30 Uhr am Grab von Mutter Marie de Sales Chappuis für ihre "Cousins und Cousinen", die Oblaten und Oblatinnen des hl. Franz von Sales, beten. Ich weiß, dass es so wie mich selbst auch euch freuen wird zu hören, dass diese heiligmäßigen Frauen täglich am einfachen Grab der "Inspiration" zu unserer Kongregation beten. Beide Oblaten-Kongregationen haben ihre Ursprünge in diesem ganz besonderen Kloster, das mit dem Leben aller drei Gründer in inniger Verbindung steht.

Die Liturgie mit dem Bischof, der auch predigen sollte, war für 14:00 Uhr angesetzt. Lange vorher begann sich die aus dem 15. Jahrhundert stammende, imposante Kathedrale von Troyes mit Hunderten von Trauergästen zu füllen, darunter zwei Bischöfe, viele Konzelebranten, Oblatinnen, Heimsuchungsschwestern, Verwandte und Freunde der Generaloberin. Ich war stolz, dass auch eine Reihe von Oblaten anwesend war. Sie waren aus Frankreich, Holland, Deutschland, Italien, Monaco und den Vereinigten Staaten gekommen. Jene von euch, die persönlich nicht kommen konnten, waren sicher im Gebet und im Geist anwesend. Die Oblatinnen wissen das auch.

Es wurden bei diesem Anlass der Generaloberin viele Gesten der Liebe und Wertschätzung erwiesen. Ich war besonders von der bewegenden Geste der Oblaten aus Holland berührt. Zur Erinnerung, wie sehr sich Mutter Françoise-Isabelle über ihr Geschenk von 100 gelben Rosen bei der Seligsprechung der hl. Léonie Aviat gefreut hatte, brachten sie nun 100 rote Rosen mit, um deren würdige Nachfolgerin zu ehren.

Am Ende der Auferstehungsmesse war jeder Trauergast eingeladen, zum Sarg hinzugehen und ihn im Zeichen des Kreuzes mit Weihwasser zu besprengen. Mit dieser einfachen Geste wurde jeder von uns an seine Taufe in das Wasser des Todes und der Auferstehung Jesu erinnert. Wir empfanden Trost durch die Hoffnung, die aus diesem erlösenden Wasser entspringt.

Nach der Hl. Messe wurden die nächsten Familienmitglieder und die Oblaten und Oblatinnen beider Kongregationen zum Friedhof von Troyes gefahren, wo der Leichnam in der sicheren Hoffnung auf die Auferstehung der Erde übergeben wurde. Am Friedhof herrscht Platznot, deshalb ist der Bestattungsplatz der Oblatinnen tief in die Erde gegraben und umfasst mehrere Ebenen. Die sterblichen Überreste der Mutter Generaloberin wurden auf eine dieser Ebenen gelegt, und dort wird Sr. Françoise-Isabelle im Tod inmitten der Schwestern liegen, die sie im Leben so sehr geliebt und denen sie gedient hatte!

Im Haus Cité Aviat folgte ein schlichtes Zusammensein, zu dem alle eingeladen waren, die an der Auferstehungsmesse teilgenommen hatten. Cité Aviat, ein apostolisches Werk für die Arbeitermädchen, stammt aus der Zeit von P. Brisson und Mutter Aviat. Sterbebildchen wurden ausgeteilt, die eine lächelnde Generaloberin beim Anlass der Heiligsprechung von Mutter Aviat zeigen. Wie passend, denn diese Heiligsprechung war sicher die größte Errungenschaft ihres Lebenswerkes. Ich kann mir nur das himmlische Zusammentreffen zwischen diesen beiden heiligen, begabten und großherzigen Frauen vorstellen!

Das Sterbebild beinhaltet ein Wort, das von der Generaloberin zum Anlass der Heiligsprechung von Mutter Aviat geprägt wurde: "Glücklich, wer sich an dich hält. Er wird Frucht bringen und diese Frucht wird Bestand haben." Sie sprach von ihrer Gründerin, aber wer sie kennt, wird in diesen Worten eine zutreffende Beschreibung von ihr selbst finden.

Ihre letzten Worte waren: "Alles aus Liebe." Sie drücken aus, wie sie ihr eigenes Leben führte und wie sie mit anderen in ihrem Leben umging, mit Gott und den Menschen. Denn in der salesianischen Tradition ist Liebe sowohl eine Vereinigung des Willens mit Gott in jedem gegenwärtigen Augenblick wie auch ein selbstloser und leidenschaftlicher Dienst an anderen, am meisten an den Notleidenden.

An dieser Stelle möchte ich die kurzen Gedanken wiedergeben, die ich nach der hl. Kommunion an diesem Tag gesagt habe:

"Bischof Stenger, Sr. Thérèse-Espérance, liebe Oblatinnen und Oblaten-Mitbrüder, Freunde und Verwandte von Mutter Françoise-Isabelle! Vor zehn Jahren, bald nach ihrer Wahl zur Generaloberin habe ich ein Glückwunschschreiben an Mutter Françoise-Isabelle gerichtet, in dem ich ihr meine persönliche Freundschaft und Unterstützung zugesichert habe. In diesem Brief habe ich außerdem meinen großen Wunsch ausgedrückt, dass unsere beiden Kongregationen in den kommenden Jahren in gegenseitiger Wertschätzung und Herzlichkeit stärker zusammenwachsen sollten. Schließlich, so schrieb ich, haben wir einen gemeinsamen Gründer. Täglich ernähren wir uns vom selben "salesianischen Brot". Für unsere beiden Kongregationen ist das Geistliche Direktorium das vorzügliche Mittel einer ständigen und liebenden Einheit mit Gott und mit seinem heiligen Willen für uns. Ich schrieb ferner, dass ich hoffte, sie und ich würden eine besondere geistliche Freundschaft pflegen, die als Gleichnis und Vorbild für die Mitglieder unserer beiden Kongregationen dienen würde. Zu meiner Freude antwortete Mutter Françoise-Isabelle auf meinen Brief mit einem Schreiben, das denselben Geist und einen ähnlichen Wunsch zum Ausdruck brachte.

Seit diesem Augenblick habe ich in meiner Wertschätzung für diese begabte und heiligmäßige Frau niemals gewankt. Immer wieder hat sie in den darauf folgenden Jahren gemeinsam mit ihrer gesamten Kongregation ihre Arme und ihr Herz für "ihre jüngeren Brüder" geöffnet. Im Laufe der Zeit sind die Mitglieder unserer beiden Kongregationen - zu unserer gemeinsamen Freude - im Band der Liebe und Freundschaft, dem Band der Vollkommenheit, enger zusammengewachsen.

Die Mitglieder der Kongregation der Oblaten des hl. Franz von Sales haben durch den Tod von Mutter Françoise-Isabelle eine gute Freundin verloren. Die Mitglieder der Kongregation der Oblatinnen des hl. Franz von Sales haben eine geistvolle und weise Mutter verloren, die wusste, wie man im Geist des "Suaviter et Fortiter" leiten muss und wie man durch sanfte Überzeugung und das Beispiel selbstlosen Dienstes "die Herzen gewinnt". Diese liebenswerte Frau war rastlos in ihren Bemühungen für die Schwestern und ihre vielen Apostolate in der ganzen Welt. Sie war wirklich "Mutter" und "Freundin" zu jeder von ihnen. Wie ihre heilige Gründerin, St. Léonie Aviat, arbeitete sie unermüdlich für das Glück der anderen. Jeder von uns hier ist Zeuge dieses Lebens, das so großartig gelebt wurde!

Christen in der ganzen Welt feiern in dieser Woche die Freude über die Auferstehung des Herrn! Wir Oblaten und Oblatinnen beider Kongregationen freuen uns, dass unsere liebe und gute Mutter nun kennt, "was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist", was denen bereitet ist, die Jesus lieben und die Jesus leben. Sie ist jetzt glückselig, denn sie lebt für immer mit dem Einen, den sie immer geliebt hat! Sie haben einander festgehalten und werden sich niemals loslassen: 'Tenui nec dimittam!'

Ich schließe mit dem Gebet der hl. Johanna von Chantal. Möge es ein Trost für uns alle sein, die wir jetzt trauern: 'Finde Kraft in der zuversichtlichen Hoffnung, dass wir eines Tages alle in der Freude einer glückseligen Ewigkeit vereint sein werden!'

Gott sei gepriesen!"

 

Dezember: Besuch in Haiti

Ein paar Wochen vor Weihnachten habe ich die kanonische Visitation der Wilmington-Philadelphia-Provinz mit einem Besuch bei P. Thomas Hagan in Haiti abgeschlossen. Zwei andere Oblaten haben mich dabei begleitet. Der kurze Besuch fand einige Wochen, bevor das Land wieder in ein großes Chaos stürzte, statt. Bedrückende Armut ist das Los des größten Teils dieses Landes sowie seiner Menschen. Die Regierung, offenkundig ungeeignet und unverschämt korrupt, trägt wenig zur Abhilfe bei. Ohne die Hilfe guter und großzügiger Menschen aus anderen Ländern würden die Leute in Haiti ohne Hoffnung sein. Mit den Freiwilligen und der finanziellen Unterstützung seiner Gründung "Hands Together" ist P. Hagan in der Lage, die Frohe Botschaft zu vielen Bewohnern dieses Landes zu bringen, und sie außerdem mit Nahrungsmitteln, Medizin und Ausbildung zu versorgen, um ihnen menschliche Würde und Lebenschancen zu geben. Die Leute, die er in der Hauptstadt von Haiti betreut, sind so arm, dass einige von ihnen darauf angewiesen sind, so genannte "Schlamm-Kuchen" zu machen. Sie stellen diese mit verseuchtem Wasser und Schlamm her, essen und verkaufen sie!

Das Umfeld, in das "Père Tom" ein wenig menschliche Freude und salesianische Hoffnung zu bringen vermochte, ist nicht in entsprechende Worte zu fassen. Jedes seiner Ausbildungszentren trägt einen salesianischen Namen, und man findet dort viele salesianische Bilder. Ich bewundere, wie sie in diesem Umfeld ihren Schülern und deren Familien ein Gefühl von salesianischem Optimismus vermitteln können. Sie erzählten mir, dass er jeden Tag einige Male nach Cité Soliel gehe, einen Stadtteil, den sie selbst, die den Ärmsten der Armen dienen, nur mit Angst aufsuchen würden. Es ist ein gefährlicher, oftmals gesetzloser Slum. Aber dort leben seine Leute, und deshalb geht er dorthin.

Inmitten all dieser Armut und menschlicher Entwürdigung leben auch gute und vornehme Leute. Ich habe eine Reihe von jungen Männern getroffen, die trotz aller Schwierigkeiten eine Ausbildung erhalten haben und jetzt ein kleines Einkommen beziehen. Viele von ihnen helfen "Père Tom", oft unter dem Einsatz ihres Lebens. Einige von seinen Arbeitern in der Stadt und anderswo im Land sind tatsächlich ermordet worden. Viele andere sind bedroht und ernsthaft belästigt worden. Etwa acht von den jungen Männern, die ich getroffen habe, möchten mehr über die Oblaten wissen und haben mir seit meiner Abreise Briefe geschrieben, in denen sie ihr Interesse an unserer Kongregation zum Ausdruck bringen. Ich habe P. Josef Költringer, den Generalmissionskoordinator, gebeten, sie zu besuchen, wenn er im Mai zu einem Treffen des Komitees für den Chablais Fonds in die Vereinigten Staaten kommt. Er plant einen Besuch in der Dauer von vier oder fünf Tagen, nach dem wir uns dann treffen werden. Bitte, betet für Haiti und seine Leute, besonders für jene, die von "Père Tom" betreut werden!

 

Einige neuere Entwicklungen

Wie ihr sicher schon erfahren habt, wurde P. Aldino Kiesel während der kanonischen Visitation im Februar zum neuen Regionaloberen der Region Südamerika gewählt. Dadurch war eine Stelle im Generalrat neu zu besetzen. Ich freue mich euch mitteilen zu dürfen, dass P. Leoclides Dalla Nora zu seinem Nachfolger ernannt wurde. Auf Grund seiner Arbeit in der Ausbildung, in der Seelsorge und als Regionaloberer bringt er einen Reichtum an Erfahrung in den Generalrat ein. Wir heißen ihn willkommen! Die weise und freundliche Art von P. Aldino Kiesel wird uns im Generalrat fehlen, aber wir freuen uns, dass er seinen Mitbrüdern nun an so einer wichtigen Stelle dienen wird.

Ich freue mich bekannt geben zu dürfen, dass die Kongregation einen neuen Generalökonom hat, P. Robert Mancini aus der Wilmington-Philadelphia Provinz, und einen neuen Assistenten des Generalökonoms, P. Konrad Esser aus der Deutschen Provinz. Ich möchte diesen zwei sehr kompetenten Mitbrüdern dafür danken, dass sie diese verantwortungsvollen Aufgaben für die Kongregation übernommen haben. Ich möchte auch P. John Crossin aus der Wilmington-Philadelphia Provinz für die vielen Jahre seines großherzigen Dienstes als Assistent des Generalökonoms danken. In den nächsten Monaten wird er helfen, dass ein reibungsloser Übergang vor sich gehen kann.

Im März habe ich die kanonische Visitation der Provinzen Deutschland und Holland durchgeführt und den Mitbrüdern der Oblatengemeinschaft in der Schweiz und jenen von St. Karl in Monaco kurze Besuche abge­stattet. Danach war ich eine Woche in Rom, von wo aus ich einige Besuche in der italienischen Provinz machte. P. Josef Lienhard wurde zum neuen Provinzial der Deutschen Provinz und P. Kees Jongeneelen für eine dritte Amtszeit zum Provinzial der Holländischen Provinz gewählt. Beide Provinzen sind damit in den Händen sehr fähiger Mitbrüder. Ich möchte P. Leo Vieten, dessen Amtszeit als Provinzial am 30. Juni 2004 endet, für seinen Dienst an der Deutschen Provinz herzlich danken.

Am 1. April 2004 habe ich die meisten Mitglieder der Italienischen Provinz gemeinsam mit ihren Familienmitgliedern und Freunden bei der Segnung des wunderschön renovierten Hauses in Assisi getroffen. Nach einem Rundgang durch das Haus wurde in der Kapelle die Hl. Messe gefeiert, bei der aller Oblaten, die mit diesem früheren Scholastikat in Verbindung stehen, in besonderer Weise gedacht wurde. Nach dem Gottesdienst wurde ein festliches Mahl gehalten, während dessen das Goldene Jubiläum der Italienischen Provinz (1954 - 2004) eingeleitet wurde. Ich weiß, dass ihr gemeinsam mit mir den italienischen Mitbrüdern zu ihrem Goldenen Jubiläum als Provinz und zur vor kurzem gefeierten Profess ihrer zwei Scholastiker gratulieren wollt. Sie sind helle Zeichen der Hoffung und eines neuen Wachstums.

Das Mitgliederverzeichnis und Nekrologium 2004 ist von Indien aus verschickt worden. Hoffentlich haben es alle von euch mittlerweile erhalten. Ich denke, dass euch das neue Format gefallen wird und dass ihr es brauchbar finden werdet. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass sein Inhalt auch auf der Webseite der Kongregation (www.desalesoblates.org/osfs.htm) zu finden ist und monatlich auf den neuesten Stand gebracht wird. Ich möchte Robert A. Carlston und Johann Angleitner für ihre Arbeit an diesem Projekt danken, sowie unseren Mitbrüdern in Indien für ihre viele Arbeit mit dem Druck und dem Versand.

 

Die Internationale Kommission für

Salesianische Spiritualität (ICSS)

In einem meiner letzten Rundbriefe habe ich von der Ernennung von P. Joseph Chorpenning zum neuen Vorsitzenden der Internationalen Kommission für Salesianische Spiritualität berichtet. In diesem Rundbrief gebe ich mit Bedauern das Ausscheiden von P. Jean Gayet aus dieser Kommission bekannt. P. Gayet hat viele Jahre mit großem Einsatz in dieser Kommission mitgearbeitet. In den letzten Jahren hat er mit viel Mühe die Werke des hl. Franz von Sales und die Schriften von P. Brisson, einschließlich der neuen Milleniums-Ausgabe der Werke unseres Gründers, eingescannt und auf CD-ROM gebrannt. Er hat außerdem zahllose Bilder von Gemälden, Statuen und anderen salesianischen Kunstwerken digitalisiert und auf CD-ROMs gesammelt. Ich kann wirklich sagen, dass er in der ICSS schmerzlich vermisst werden wird. Ich bin sehr dankbar, dass er weiterhin meine Rundschreiben ins Französische übersetzen wird.

Der Generalrat hat P. Dirk Koster aus der Holländischen Provinz zum Nachfolger von P. Gayet bestimmt. Seine jüngste Biographie des hl. Franz von Sales ist ein wichtiger Beitrag zur zeitgenössischen Wertschätzung der Person, des Lebens und der Arbeit des heiligen Gentleman. Zur Zeit erforscht P. Koster das Leben und die Zeit von P. Brisson, um eine zeitgemäße Biographie unseres Gründers vorzubereiten. Oblaten und Oblatinnen beider Kongregationen freuen sich auf die Fertigstellung dieser Arbeit. Für viele von uns wird sie eine frische Interpretation des Lebens und der Arbeit eines sehr talentierten, eminent praktisch veranlagten und wahrhaft heiligmäßigen Mannes sein. Für viele andere wird sie eine Einführung in das Leben eines Mannes der Tat sein, dessen langes und unglaublich erfülltes Leben bei jedem Schritt von brennendem Eifer und lebendigem Glauben geprägt war. Sie wird ein kraftvolles Bild von einem der Vorläufer der modernen katholischen Sozialen Aktion und eines Pioniers im salesianischen Verständnis von Bildung der ganzen Person zeichnen. Wie schon die Biographie des hl. Franz von Sales wird auch diese neue Lebensbeschreibung von P. Koster dem Leser ein menschliches Wesen aus Fleisch und Blut vor Augen stellen. Schließlich verlangte auch Franz von Sales, dass alle Hagiographie "Warzen und alles übrige" beinhalten soll. P. Koster bemüht sich um diese Art von Biographie. Er wird deshalb ein Leben von P. Brisson schreiben, in der wir von einem Mann lesen werden, in dem trotz aller menschlichen Schwachheit die Gnade machtvoll triumphiert hat. Auf diese Weise wird er jedem Leser Grund zur Hoffnung auf einen ähnlichen Triumph der Gnade in seinem oder ihrem eigenen Leben geben, gleichgültig wie "gewöhnlich" dieses Leben sein und wie unvollkommen es manchmal gelebt werden mag.

Die ICSS Kommission hat durch ihren Vorsitzenden Beiträge von Oblaten und anderen salesianischen Wissenschaftlern über die verschiedenen Dimensionen von menschlicher Begegnung erbeten. Diese Beiträge werden in einem Buch gesammelt und aus Anlass des 400. Jahrestages der ersten Begegnung zwischen den beiden geistlichen Freunden, Mitbegründern und Heiligen, Johanna Franziska von Chantal und Franz von Sales (1604 - 2004) herausgegeben werden.

 

Treffen der Höheren Oberen im Juli

In der Woche nach dem 25. Juli 2004 werden sich die Höheren Oberen der Kongregation in Fockenfeld, Deutschland, treffen. Außer den Berichten der Höheren Oberen selbst wird die Tagesordnung Berichte der ICSS, des Generalökonoms, des Generalmissionskoordinators und des Archivisten umfassen. Ein Workshop über Neustrukturierung wird von P. Séamus Finn OMI gehalten werden. Es werden außerdem substantielle Berichte von den beiden Missionskomitees, dem Komitee für die Missionen der Oblaten im 21. Jahrhundert und dem Komitee über den Chablais Fonds vorgelegt werden. Die Vorsitzenden beider Komitees werden anwesend sein sowie auch der Leitende Sekretär des Komitees für den Chablais Fonds, P. James W. O'Neill.

Es ist zu hoffen, dass als Ergebnis der Arbeit über die Neustrukturierung und die Missionen der Oblaten eine Reihe von konkreten Vorschlägen formuliert werden wird, die zuerst der Vorbereitungskommission des Generalkapitels im Jahr 2005 und dann, abhängig von dessen Entscheidung, dem Generalkapitel im Jahr 2006 vorgelegt werden. Obwohl es erst in zwei Jahren stattfinden wird, ist uns zunehmend klar, dass die Tagesordnung des Generalkapitels 2006 viel Arbeit und die volle Energie und viele Talente ihrer Teilnehmer verlangen wird. Die Delegierten dieses Kapitels werden durch ihre Entscheidungen ein Programm erarbeiten, das von der nächsten Generalleitung umzusetzen sein wird.

 

Das Fest der Heimsuchung

Weil die meisten von euch die Übersetzung dieser Ausgabe des Rundbriefes vor dem 31. Mai, dem Fest der Heimsuchung, erhalten werden, möchte ich ein paar Gedanken zu diesem großen Fest mit euch teilen, das so zentral für die Geschichte der Heimsuchungsschwestern und für die salesianische Spiritualität ist. Diese Gedanken haben eine Predigt zur Grundlage, die ich vor einigen Jahren in der Heimsuchung von Washington zum Fest Mariä Heimsuchung gehalten habe. Ich beziehe mich zunächst auf ein Kapitel von P. Brisson, dessen genaue Stelle ich momentan nicht weiß. P. Brisson liebte das Johannes-Evangelium und betrachtete es sein ganzes Leben hindurch. Als er fast 90 Jahre alt war, kommentierte er Kap. 1, Vers 14: "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt."

Er las diesen Text im griechischen Original, wo es statt "hat unter uns gewohnt" heißt: "er hat sein Zelt unter uns aufgeschlagen" oder noch besser: "er ist in unser Zelt gekommen".

Durch sein Wort, das Fleisch geworden ist, hat Gott die engste Vertrautheit mit uns gewählt. Das Bild des Zeltens mit uns würde natürlich die Leser von Johannes an die frühe Geschichte der Israeliten denken lassen, in der sie als ein Volk von Hirten den anmutigen Wegmustern ihrer Herden folgten, heute da und morgen dort ihre Zelte aufschlugen, wo immer sie grüne Wiesen und lebensspendendes Wasser fanden.

In diesem Kontext sagt uns das Bild von einem Gott, der sein Zelt "unter uns" aufschlägt, dass er nicht ein ferner und distanzierter Gott ist, der in königlicher Abgeschiedenheit lebt, sondern ein Gott, der seine "Freude" daran findet, unter denen zu sein, die er liebt, und ihnen überall hin zu folgen, wo ihre nomadischen Wege sie hinführen. Was Ruth zu ihrer Schwiegermutter sagt, spricht Gott zu den Menschen: "Wohin du gehst, dahin gehe auch ich" (Ruth 1, 16).

Der Ausdruck "unter uns zelten" legt eine große Vertrautheit nahe. "In unser Zelt kommen" spricht sogar von einer noch größeren Vertrautheit. Gott kommt in unser Zelt, das heißt, er ist im Auf und Ab unseres täglichen Lebens zu finden. Er bringt nicht sein eigenes Zelt mit, das er dann zwischen unseren Zelten aufschlägt. Nein, unser Zelt wird zu seinem Zelt! Denn er ist der Emmanuel, der Gott mit uns!

P. Brisson zog einige Schlüsse aus dieser Leseart von Joh 1,4. Gott ist kein Fremder zu uns, er ist Freund. Er ist nie fern von uns oder schwierig zu erreichen. Er lebt im wirklichen Zelt unseres täglichen Lebens, wo wir zusammen leben und arbeiten. Da spricht er zu uns und wir zu ihm. Jeder Oblate sollte sein tägliches Leben so führen, dass diese Vertrautheit mit Gott im Alltag gelebt wird.

Kurz, P. Brisson fand in diesem Text eine biblische Grundlage für die salesianische Betonung der göttlichen Tiefe, die in den gewöhnlichen Ereignissen zu finden ist, die in der Ebbe und Flut unseres täglichen Lebens vor sich gehen, in unserem täglichen Umgang innerhalb unserer Familie oder Gemeinschaft oder mit jenen, denen wir in unseren verschiedenen Aufgaben dienen. Weil Gott durch sein Fleisch-Werden in alles Menschliche eingetreten ist - besonders in die menschlichen Beziehungen - ist allem Leben eine göttliche Tiefe eigen, wie "gewöhnlich" es auch sein mag. Es gibt in salesianischem Verständnis nichts "Gewöhnliches" im "gewöhnlichen, alltäglichen Leben"!

Was sagt uns diese Interpretation von Joh 1,14 am Fest der Heimsuchung? Viele sehen die Bedeutung dieses Festes nur in den außergewöhnlichen Söhnen, die unter dem Herzen dieser zwei bemerkenswerten Frauen lagen und in der Erlösungstat, die damit begonnen hat.

Aber unsere Interpretation von Joh 1,14 auf der Grundlage der Gedanken von P. Brisson entdeckt seine Bedeutsamkeit auch in der Herzlichkeit und Liebe, in der konkreten Hilfe und im Beistand, den eine Cousine der anderen in den Tagen oder Wochen einer schwierigen Schwangerschaft erweist. Wie Franz von Sales sagen würde, haben diese zwei Frauen Gott in ihren Herzen lange vor den wundersamen Empfängnissen in ihren Leibern empfangen. Wie haben sie das getan? Durch ihre einzigartige Treue zu seinem Willen in jedem Augenblick ihres Lebens; und durch ihre Fähigkeit, Gott im anderen zu finden, besonders in jenen, die in Not sind, und dadurch, dass sie ihnen Achtung, Liebe und ihren Dienst erwiesen haben!

Wir finden Gott sicher im festlichen liturgischen Augenblick bei der Feier des Festes der Heimsuchung. Als Mitglieder der salesianischen Familie müssen wir außerdem lernen, wie wir von der eucharistischen Liturgie in die Liturgie unsers täglichen Lebens miteinander übergehen. Keine dieser Liturgien wird ihren vollen Sinn haben, ohne innig mit der jeweils anderen verknüpft zu sein!

Lasst uns einander dienen, wie Maria und Elisabeth es uns an diesem Fest vorzeigen: in der Praxis der kleinen Tugenden untereinander, in den Winkeln und Ritzen des gemeinsamen täglichen Lebens sowie in jedem gegenwärtigen Augenblick des Alltags. Lasst uns das im Geist der Heimsuchung tun, sowohl in Einfachheit wie in Freude, diesen großen salesianischen Tugenden.

Das Fest der Heimsuchung ist die Feier des Herrn unter uns, im wirklichen Zelt unseres gemeinsamen täglichen Lebens. Laden wir ihn ein, nehmen wir ihn mit Freude auf und dienen wir ihm in Fröhlichkeit. Er ist unter uns. Er wohnt wirklich in unseren Zelten!

 

Mein Kalender

Im Lauf des Treffens der Höheren Oberen wird der Kalender für nächstes Jahr endgültig festgelegt werden. Nach dem gegenwärtigen Stand sieht er so aus: 25.-30. Juli - Treffen der Höheren Oberen, gefolgt von einer Sitzung des Generalrates; 12.-19. September - kanonische Visitation der Region Namibia während der gemeinsamen Exerzitien der zwei afrikanischen Regionen; 28. Oktober bis 2. November - Treffen der Zweiten Föderation der Heimsuchungsschwestern in Wheeling, West Virginia; 18.-21. November - Exerzitien zur Gelübdeerneuerung im Heimsuchungskloster in Rockville, Virginia; Januar 2005 - Treffen des Generalrates in Indien.

 

Andachtsleben der Oblaten

Es gibt wieder Andachten! Ich hatte gehofft, in diesem Brief einige Gedanken über das "Andachtsleben der Oblaten" zu entwickeln, aber der Zeitdruck der Reisetätigkeit und der "Standespflichten" hat die Herausgabe dieses Rundbriefes ohnehin schon verzögert, und so hoffe ich, über diese Frage in einer späteren Ausgabe etwas schreiben zu können.

Die Schwestern Oblatinnen bereiten sich auf ihr Generalkapitel im August 2004 vor: begleiten wir sie dabei im Gebet!

 

                                             In brüderlicher Verbundenheit

                                             durch unseren heiligen Patron

                                      und unsere heiligmäßigen Gründer,

                                                      Lewis S. Fiorelli, OSFS,

                                                                   Generaloberer